Selbstbeschreibung und Zufriedenheit


Martin, A. 2022: Aspekte der Selbstbeschreibung, Arbeitsbedingungen und Zufriedenheit. Auswertungen von Daten des Sozioökonomischen Panels. Schriften zur Mittelstands- und Managementforschung. Heft 2. Lüneburg


Der vorliegende Beitrag befasst sich mit Determinanten der Arbeitszufriedenheit und der Lebenszufriedenheit. Die empirische Analyse stützt sich auf die Daten der 37. Welle des Sozioökonomischen Panels (Referenzjahr 2020). Auf der einen Seite werden drei wichtige Arbeitsbedingungen (die Autonomie, der Lohn und die Arbeitsbelastung) betrachtet. Diese sollten primär die Arbeitszufriedenheit und allenfalls abgeschwächt die Lebenszufriedenheit beeinflussen. Auf der anderen Seite werden vier wichtige Einstellungen zum Leben betrachtet (das Selbstwertgefühl, die Kontrollüberzeugung, das Sinnerleben und die Soziale Robustheit). Diese sollten primär die Lebenszufriedenheit, daneben aber auch bemerkbar die Arbeitszufriedenheit beeinflussen. Die Ergebnisse bestätigen den starken Einfluss der Lebenseinstellungen (die gleichzeitig Einstellungen gegenüber der eigenen Person sind) auf die Lebenszufriedenheit, belegen aber auch einen deutlichen Einfluss dieser Einstellungen auf die Arbeitszufriedenheit. Wie zu erwarten war, beeinflussen auch die Arbeitsbedingungen die Arbeitszufriedenheit (wenngleich z.T. nur überraschend schwach), auf die Lebenszufriedenheit geht von den drei betrachteten Arbeitsbedingungen aber kein direkter und allenfalls ein schwacher indirekter Einfluss aus.

Betriebszugehörigkeit und Arbeitszufriedenheit

Der Beitrag im Heft 63 des Instituts für Mittelstandsforschung der Universität Lüneburg befasst sich mit der Frage, ob sich die Dauer der Betriebszugehörigkeit auf die Arbeitszufriedenheit auswirkt. Als Datengrundlage dienen die 36 Erhebungswellen des Sozioökonomischen Panels (SOEP) von 1984 bis 2019. Querschnittsanalysen der Daten belegen, dass zwischen der Arbeitszufriedenheit und der Länge der Betriebszugehörigkeit kein systematischer Zusammenhang besteht. Die Längsschnittanalyse erbringt dagegen ein anderes, recht stabiles Ergebnis: Die anfänglich hohe Zufriedenheit sinkt im Laufe der Zeit kontinuierlich ab und zwar auch bei Personen, die sich keine neue Stelle suchen, sondern im Betrieb verbleiben. Das Ergebnis gilt unabhängig von Geschlecht, Berufsstatus, Hochschulabschluss und Unternehmensgröße. Und auch unabhängig vom Lebensalter. Die Daten belegen einen Anfangseffekt und einen Bleibeeffekt, die in ihrem Zusammenwirken das Phänomen der sich vermindernden Arbeitszufriedenheit hervorbringen.

Das March-Simon-Modell

Das Allgemeine Verhaltensmodell von March und Simon verknüpft vier fundamentale Konstrukte der Verhaltenstheorie: das Anspruchsniveau, die Belohnungserwartung, die Zufriedenheit und die Suche nach Verhaltensweisen, die Erfolg und Zufriedenheit versprechen. Die Teilmechanismen, die in dem Modell postuliert werden, verknüpfen sich zu einem Gesamtmechanismus, der dafür sorgt, dass das Verhältnis von Ansprüchen und Möglichkeiten zum Ausgleich kommt. Eine wichtige Rolle spielen die Parameter des Modells, die die Voraussetzungen und Stärke der Zusammenhänge bestimmen. Neben formalen Funktionen kommt diesen Parametern auch jeweils eine wichtige inhaltliche Bedeutung zu. Der vorliegende Beitrag trägt zur Erkundung des Modells und seiner Implikationen bei. Das Modell verdient eine größere Beachtung, als ihm bislang geschenkt wurde. Es beschreibt einen fundamentalen Verhaltensmechanismus, der in praktisch allen Bereichen menschlichen Verhaltens wirksam ist. Das Modell besitzt nicht nur eine große Erklärungskraft, es ist außerdem logisch stimmig, kompakt und elegant. Außerdem erweist es sich als in hohem Grad anschlussfähig für eine Vielzahl von theoretischen Ansätzen und empirischen Erkundungen. Es lässt sich anwenden für die Erklärung von allgemeinen Zusammenhängen, für die Beschreibung konkreter Vorgänge und für die Simulation einer Vielzahl von Handlungskonstellationen.

Soziographie der Arbeitszufriedenheit

Das Heft 61 der Schriftenreihe befasst sich mit der Soziographie der Arbeitszufriedenheit. In Studien zur Arbeitszufriedenheit werden soziographische Merkmale oft als Kontrollgrößen eingesetzt. Ihre Berücksichtigung bei der Datenanalyse soll die Frage beantworten, ob sich der Einfluss von Determinanten der Arbeitszufriedenheit (Arbeitsinhalte, Arbeitsbedingungen, persönliche Dispositionen usw.) für unterschiedliche Personengruppen und Situationen jeweils anders darstellt. Die Berücksichtigung von Kontrollgrößen macht aber nur dann Sinn, wenn diese selbst eine empirische Beziehung entweder zu den Determinanten der Arbeitszufriedenheit und/oder zu der Arbeitszufriedenheit selbst aufweisen. Dem vorliegenden Beitrag geht es um die Frage, ob sich Zusammenhänge zwischen bedeutsamen soziographischen Merkmalen und der Arbeitszufriedenheit aufzeigen lassen. Als Datengrundlage dienen die 35 Erhebungswellen des Sozioökonomischen Panels (SOEP) von 1984 bis 2018. Im Einzelnen betrachtet werden die Variablen Erwerbsstatus, Geschlecht, Alter, Schulabschluss, Hochschulabschluss, Berufsstatus, Betriebszugehörigkeit und Unternehmensgröße. Für die meisten dieser Größen ergeben sich, wenn überhaupt, nur sehr schwache statistische Beziehungen mit der Arbeitszufriedenheit. Eine Ausnahme macht der Berufsstatus. Die Qualifikationsanforderungen, die sich damit verknüpfen und die hierarchische Position haben einen beachtlichen Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit. Bemerkenswert ist die große Stabilität der Befunde über alle Erhebungsjahre von 1984 bis 2018 hinweg.

Verlaufsformen der Arbeitszufriedenheit

Im vorliegenden Beitrag geht es um die Veränderung der Arbeitszufriedenheit und um die Identifikation von zeitlichen Verlaufsmustern der Arbeitszufriedenheit. Als Grundlage der Analyse dienen die Daten des Sozioökonomischen Panels aus mittlerweile 35 Erhebungswellen (1984 bis 2018). Die Analyse umfasst 3.345 Zeitreihen, die jeweils einen Zeitraum von 15 Jahren umspannen. Zur Typisierung der einzelnen Arbeitszufriedenheitsverläufe werden die Regressionsrechnung und die Clusteranalyse verwendet.
Der Haupttypus folgt dem generellen Trend, wonach die Arbeitszufriedenheit, von einem mäßig hohen Niveau ausgehend, stagniert bzw. sich im Lauf der Zeit leicht vermindert. Es gibt daneben allerdings auch Fälle, die auf einem hohen Arbeitszufriedenheitsniveau verbleiben. Und auf der anderen Seite findet man nicht wenige Personen, deren Arbeitszufriedenheit im negativen Bereich verharrt. Eine weitere Gruppe wird von Personen gebildet, deren Arbeitszufriedenheit relativ großen Schwankungen ausgesetzt ist. Von den soziographischen Variablen Alter, Geschlecht und Berufsstatus gehen keine nennenswerten Wirkungen aus. Eine gesonderte Betrachtung der Unternehmensgröße erbringt, dass Personen, die dauerhaft in ei-nem Kleinbetrieb arbeiten, eine größere Arbeitszufriedenheit aufweisen als Personen in größeren Unternehmen.
Neben der Darstellung der inhaltlichen Einsichten, die die Zeitreihenanalyse erbringt, erfolgt eine Diskussion über die Verwendung der Modellergebnisse für auf die Zukunft gerichtete Szenario-Analysen.

35 Jahre Arbeits-zufrieden-heit

35 Jahre Arbeitszufriedenheit1

Verändert sich die Arbeitszufriedenheit im Laufe des Berufslebens? Eine Antwort auf diese Frage liefern die Daten des Sozioökonomischen Panels (SOEP). Das Panel basiert auf jährlich durchgeführten repräsentativen Haushaltsbefragungen zu sozio-ökonomischen Grundtatbeständen und zu wechselnden Themen.2 Regelmäßig werden die Teilnehmer auch zur Zufriedenheit mit ihrer Arbeit befragt. Die erste Erhebung erfolgte im Jahr 1984. Die bislang verfügbaren Daten reichen bis ins Jahr 2018. Es liegen bislang also für den Zeitraum von 35 Jahren Angaben zur Arbeitszufriedenheit vor. Im Panel ist zwar vorgesehen, dass die Teilnehmer regelmäßig an den jährlichen Befragungen teilnehmen. Tatsächlich gibt es jedoch aus verschiedenen Gründen zahlreiche zeitweise oder auch dauerhafte Ausfälle.

Im Jahr 1984 nahmen 6.007 Männer und 6.238 Frauen an der Befragung teil (45 Personen: keine Geschlechtsangaben). Von diesen Personen haben 926 Personen ununterbrochen an jeder der jährlichen Befragungen bis 2018 teilgenommen. Davon haben 79 Personen auch die Zufriedenheitsfrage in jeder der 35 Befragungswellen beantwortet (Tabelle 1a).

Viele der im Hinblick auf die Arbeitszufriedenheitsfrage anzutreffenden Ausfälle sind darauf zurückzuführen, dass die Personen altersbedingt aus dem Berufsleben ausgeschieden sind. Um die Teilnahmequote zu ermitteln, ist der relevante Personenkreis daher einzugrenzen. In Tabelle 1b ist die Zahl der Personen angegeben, die nach 1952 geboren wurden, also unter normalen Umständen das übliche Rentenalter im Jahr 2018 erreicht haben dürften. Von diesen 3.889 Personen machten 2.337 Personen Angaben zur Arbeitszufriedenheit. Durchgängig an allen 35 Befragungswellen nahmen 369 Personen teil und von diesen machten 70 Personen ebenfalls durchgängig Angaben zur Arbeitszufriedenheit.

Die folgende Abbildung zeigt sechs typische Verlaufsformen der Arbeitszufriedenheit. Es handelt sich dabei um Beispiele aus der Gruppe der 79 Personen, die von 1984 bis 2018 jedes Jahr die Frage zu ihrer Arbeitszufriedenheit beantworteten.

Abbildung: Beispiele für die verschiedenen Verlaufstypen der Arbeitszufriedenheit

Der häufigste Fall ist exemplarisch in der ersten Grafik abgebildet. Danach sind die meisten Personen stabil zufrieden oder sehr zufrieden, wobei es immer wieder zu kleineren Schwankungen kommt (35 Fälle). Davon unterscheidet sich deutlich das zweite Muster, das über die Jahre hinweg durch sehr große Schwankungen der Arbeitszufriedenheit gekennzeichnet ist (12 Fälle). In einer weiteren, ähnlich umfangreichen Gruppe (13 Fälle), kommt es zu einer stetigen durch mehr oder weniger große Schwankungen gekennzeichneten Verschlechterung der Arbeitszufriedenheit. Seltener und weniger drastisch findet man unter den befragten Personen eine Zunahme der Arbeitszufriedenheit über die Jahre hinweg (5 Fälle). Das fünfte in der Abbildung angeführten Beispiel gehört zum Muster eines manchmal nur kurzen, manchmal aber auch mehrere Jahre erfolgenden Einbruchs der Zufriedenheit mit der Arbeit (6 Fälle). Ganz unten findet sich schließlich der Fall einer dauerhaften, sich über die ganze Zeit hinziehenden, Unzufriedenheit (6 Fälle).

Insgesamt gesehen kann festgehalten werden, dass der Großteil der befragten Personen über die ganze Zeitspanne von 35 Jahren hinweg mit ihrer Arbeit zufrieden ist. Kontinuierlich unzufrieden sind nur sehr wenige Personen. Dessen ungeachtet gibt es für nicht wenige Personen im Laufe ihres Berufslebens aber auch erhebliche Schwankungen und Einbrüche ihrer Arbeitszufriedenheit.

Anmerkungen

1 Die folgenden Ausführungen beruhen auf eigenen Berechnungen, ausführlich hierzu Martin, A.: Arbeitszufriedenheit im Zeitverlauf (in Vorbereitung)

2 Zur Beschreibung des SOEP findet man ausführliche Dokumentationen auf den Internetseiten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Zur Stichprobenziehung vgl. Göbel, J./Krause, P./Pischner, R./Sieber, I./Wagner, G.G. 2008: Daten- und Datenbankstruktur der Längsschnittstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP). SOEPpapers on Multidisciplinary Panel Data Research 89. Berlin (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung).

Heft 52: Arbeitszufriedenheit und Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern aus den „Gastarbeiter-Ländern“. Aspekte der betrieblichen Integration ausländischer Arbeiter im Lichte der Daten des Sozio-ökonomischen Panel

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